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Sei still

Von micha     29.10.03 08:04

Zu meinem Geburtstag habe ich von einer guten Freundin ein Gedicht geschenkt bekommen. Sie wusste leider nicht mehr, von wem es war. Dank Google habe ich in der Stadtbibliothek Ratingen eine Sammlung von Lieblingsgedichten gefunden. Darunter auch "Sei Still" von Mascha Kaléko.

Ich finde es sehr schön und mich gleichzeitig darin wieder.

Sei still ...
von Mascha Kaléko

Als ich der Mutter meinen Kummer klagte,
Ich höre noch, was sie dem Kinde sagte
Mit einem Lächeln, wie ich's nie gesehn -
"Sei still, es wird vorübergehn."

So hielt ich still. Und manches ging vorüber.
Denn alles geht vorüber mit der Zeit:
Das große Glück. Das Frösteln und das Fieber.
Selbst ein Novembertag, ein noch so trüber.
Beständig bleibt nur: Unbeständigkeit.

Als dann der große Zweifel an mir nagte,
Ich wußte schon, daß man es keinem klagte
Und daß sogar die Freunde mißverstehn -
So oft ich damals an mir selbst verzagte,
War es die leise Stimme, die mir sagte:
Sei still, es wird vorübergehn.

Was ist nicht alles schon dahingegangen
Wie Schneegestöber und wie Windeswehn ...
Und dennoch hab ich jetzt erst angefangen,
Den Dingen langsam auf den Grund zu sehn.
Wer nichts begehrt, der ist nicht zu berauben,
Gespenster sind nur dort, wo wir sie glauben.
Ich habe lange, lange nicht geklagt.
Nichts tut das Leid dem, der "es tut nichts" sagt.
Sei, der du bist. Mag kommen, was da will.
Es geht an dir vorüber, bist du still.

Links:
Das Lieblingsgedicht der Ratinger

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